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Den Körper über die Seele heilen Erwachsene Patienten im 14. Auswege-Camp
Zehn von elf erwachsenen Patienten, die in der ersten Maiwoche mit schweren gesundheitlichen Belastungen ins 14. Auswege-Camp gekommen waren, ging es nach neun Tagen deutlich besser: nicht nur in ihrer psychischen Verfassung und dem Allgemeinbefinden, überwiegend auch hinsichtlich der mitgebrachten Symptome: sei es bei schweren körperlich-geistigen Behinderungen, bei chronischen Schmerzen, bei Hepatitis, Tinnitus, Borreliose, bei rheumatischen Beschwerden, bei Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen, bei Depressionen und Ängsten. Bei einer einzigen Patientin, die jahrzehntelange traumatische Erlebnisse im Elternhaus und einer unglücklichen Ehe in eine Psychose getrieben hatten, erwies sich die Heilwoche als viel zu kurz.
Um die Anonymität der Teilnehmer zu wahren, werden im Folgenden keine Nachnamen und Wohnorte genannt, Vornamen durch Pseudonyme ersetzt (mit * gekennzeichnet).
Marvin* (19) Angelman-Syndrom Das Risiko, mit einem Gendefekt in den Abschnitten q1.2 bis q11.13 auf Chromosom 15 zur Welt zu kommen, liegt bei 1 zu 20'000 – aber was nützt Betroffenen eine statistische Unwahrscheinlichkeit? Marvin leidet an diesem Defekt, benannt nach dem britischen Arzt Harry Angelman (1915-1996). Diese Erkrankung äußert sich unter anderem in geistiger und körperlicher Behinderung, Entwicklungsverzögerungen - vor allem einer stark reduzierten Sprachentwicklung -, Wahrnehmungsstörungen sowie Hyperaktivität. Wie es im Zeugnis einer Schule für geistig und körperlich Behinderte vom Sommer 2013 heißt, zeichnet Marvin ein „sehr großer Bewegungsdrang“ aus, dabei ist er aber „psychomotorisch retardiert“. Gleichgewichts- und Koordinationsfähigkeit sind vermindert. Sein Gang ist „ataktisch“, d.h. unsicher und breitbeinig, mit ausfahrenden Beinbewegungen, übertriebenem Anheben und staksigem Aufsetzen der Füße. Oft spuckt er um sich, vornehmlich bei Anspannung, Unmut, Ärger. Ein Allgemeinmediziner beschrieb den Jungen im Februar 2014 als „sehr unruhig“. Marvin sei „sehr gern im Wasser und kann sich dort gut entspannen. Eine Therapie im Wasser könnte ihm Gleichgewicht geben“ – diese Hoffnung teilen Frank und Sandra Hierath, die „Pilotwal Sound Therapeuten“ des Auswege-Teams, die schon vor Campbeginn mit Marvin zu arbeiten begonnen haben.
Gentechnische Reparaturen gelangen im Auswege-Camp nicht – wohl aber kam es im Laufe von 20 Therapiesitzungen zu Verhaltensänderungen, die selbst Marvin´ Eltern verblüfften. Der schwerbehinderte junge Mann gab sich „sehr aufnahmefähig und offen“, er wurde deutlich „ruhiger, entspannter, konzentrierter; er schläft besser“ (Einträge im Eltern-Fragebogen und Tagebuch). Guckte er anfangs finster und misstrauisch, hellte sich sein Gesichtsausdruck zunehmend auf. Er hörte auf zu spucken. Sein Gang wurde aufrechter. Auch nach Einschätzung unseres Camparztes „besserte sich Marvins seelische Verfassung deutlich; er wurde ruhiger, schlief besser und lange. Seine Mutter sagte zu mir: ‚Diese Woche tut Marvin gut. Wenn er immer so wäre, dann wären wir nicht hier!“
Michael* (21) Trauma, mangelndes Selbstvertrauen, Rückenschmerzen Als Diagnose gab der Lebensgefährte von Elli (s.u.) im Camp-Anmeldeformular „böse Vergangenheit“ an – ohne weitere Angaben. Erst wiederholtes Nachfragen entlockte ihm Näheres: Von seinem vierten bis neunten Lebensjahr wohnte er gemeinsam mit seinen vier Geschwistern, alle jünger als er, und der Mutter bei seinem Stiefvater, der ihn regelmäßig misshandelt habe – physisch und psychisch. Er sei immer dann geschlagen worden, wenn die Mutter bei der Arbeit war, so dass sie nichts mitbekam. Durch Drohungen seines Peinigers verängstigt, habe er der Mutter nichts davon erzählt. Bis heute ist Michael durch diese Kindheitserlebnisse schwer traumatisiert. Er lasse sich leicht aus der Fassung bringen, sei sehr schnell gereizt, leide unter Unsicherheit, mangelndem Selbstwertgefühl und Misstrauen. Er habe große Angst, in die Muster seines Stiefvaters zu verfallen und in der Beziehung zu seiner Lebensgefährtin und deren kleinem Sohn ähnlich zu reagieren. Einer Psychotherapie unterzog er sich bisher nie. Er sei lediglich einmal bei einem Schulpsychologen gewesen, weil er von Mitschülern manchmal gemobbt worden sei. Bis heute habe er zu seiner Mutter ein „Super“-Verhältnis. Mit dem Stiefvater gebe es keinerlei Kontakt mehr. Kaum ein psychisch schwerbelasteter Patient profitierte vom Auswege-Camp in Schwarzenborn mehr als Michael: Anfangs verschlossen und misstrauisch, öffnete er sich mehr und mehr, wirkte freier, sicherer, selbstbewusster, umgänglicher. Abschließend bescheinigte ihm der Camparzt ein starkes „Bemühen, seinen Jähzorn unter Kontrolle zu bringen und in seine neue Verantwortung“ – als Lebensgefährte von Elli (s.u.) und Ersatzpapa ihres zweijährigen Sohns Erwin (s.o.) – „hineinzuwachsen. Sein Umgang mit den beiden ist schon sehenswert: Die Zuneigung, Achtsamkeit und Försorge für den Kleinen ist vorbildlich. Mein Lob konnte er gut annehmen und freute sich darüber.“ Die Campwoche werde „ihn ermutigen, nicht an das zu denken oder zu befürchten, was er ohnehin nicht will, sondern noch mehr Zuneigung für Erwin und Elli zu entwickeln. Er ist voll guten Willens!“ Rückenschmerzen, die Michael nach Schwarzenborn mitgebracht hatte, haben nach seinen Angaben bis Ende der Campwoche „deutlich nachgelassen“. ‘
Elli* (24) Sprachentwicklungsstörung Seit ihrem zweiten Lebensjahr liegt bei der Mutter von Erwin (s.o.) eine Störung der Sprachentwicklung vor; es fällt ihr schwer, Worte zu finden, längere Sätze zu bilden. Mit elf Jahren, so die Mutter, sei Ellis Wortschatz noch der einer Fünfjährigen gewesen. Dass sie „geistig behindert“ sei, wie eine Kinderklinik 1998 festgestellt haben will, bestreiten die Eltern allerdings entschieden. Während eines ersten Campaufenthalts im November 2013 berichteten mehrere Therapeuten, während der Sitzungen hätte sie „ganz normale Gespräche“ führen und ihre Probleme „flüssig und klar vortragen“ können. Jetzt, während ihrer zweiten Campteilnahme, stellte der Camparzt „weitere Fortschritte“ fest: „Sie kann sich nun noch klarer artikulieren. Ist sie unsicher, fällt ihr das Sprechen etwas schwerer; aber wenn sie von schönen und erfreulichen Dingen redet, gelingt ihr dies ganz frei. Natürlich braucht ihre weitere Sprachentwicklung noch Zeit.“ Elli selbst bestätigt, nach der Woche in Schwarzenborn hätten ihre Sprachprobleme „deutlich nachgelassen“. Dass sie „viel ausgeglichener und zufriedender“ wirkt als ein halbes Jahr zuvor, ist allerdings kein Verdienst unserer Stiftungsarbeit, sondern erklärt sich aus einer veränderten privaten Situation: Mit Martin (s.o.), ihrem neuen Lebensgefährten, ist sie sichtlich glücklich (Foto re.). „An ihren Aufgaben mit dem prächtigen Sohn Erwin wird sie wachsen“, sagt unser Camparzt zuversichtlich voraus, „und durch den neuen Partner an Stabilität gewinnen.“
Sandra* (31) Thyreoditis, „kalter Knoten“, Clivus-Chordom Gleich mit drei vermeintlich schwerwiegenden Befunden hatte Sandra bereits beim 13. Auswege-Camp im November 2013 unsere Hilfe gesucht. Im April 2012 war bei der jungen Frau eine Hashimoto-Thyreoditis festgestellt worden, eine chronische Entzündung der Schilddrüse, die ihre Lebensqualität stark beeinträchtigt: „Ich fühle mich teilnahmslos, habe einen hohen Schlafbedarf, bin schnell erschöpft und wenig belastbar.“ Nach Angaben ihrer Ärzte „ist das unheilbar, ich bin lebenslang auf die tägliche Gabe von L-Thyroxin angewiesen“, ein synthetisches Schilddrüsenhormon; 50 mg davon nahm sie täglich. - Zwei Monate nach jener Diagnose wies eine Szintigrafie einen „kühlen Knoten“ an Sandras linkem Schilddrüsenlappen nach: eine Geschwulst, deren „Malignität (Bösartigkeit) nicht ausgeschlossen werden kann“, wie es im Befundbericht einer Uniklinik heißt. Behandelt wurde sie deswegen bisher nicht. - Im Frühjahr 2006 wurde ein Clivus-Chordom entdeckt - ein langsam wachsender, gutartiger Knochentumor der Wirbelsäule, der in jedem zehnten Fall metastasiert -, operiert und bestrahlt. Obwohl die Geschwulst nur teilweise entfernt werden konnte, ist sie seither nicht nachgewachsen. (Als „Clivus“ wird eine knöcherne Struktur bezeichnet, welche die mittlere von der hinteren Schädelgrube trennt.) Wie konnte es geschehen, dass diese scheinbar multipel schwerkranke Frau nach bloß acht Camptagen in ihrem Fragebogen angab, ihre Symptome hätten „deutlich nachgelassen“, sie fühle sich „viel fitter und stärker“, ihr „psychisches Befinden sei viel besser“? Weil ihr spirituelle Psychotherapie half, einen tröstlichen Sinn im Unabänderlichen zu finden? Keineswegs. Mit ihrer körperlichen und seelischen Verfassung ging es geradezu schlagartig aufwärts, weil ihr in unserem Camp die Augen geöffnet wurden: Ihre fatalen Diagnosen waren teils falsch, teils wenig Grund zur Besorgnis. Eine entscheidende Rolle spielte dabei unser Camparzt: Ihm gelang es, Sandras Ängste völlig aufzulösen, indem er ihren bisherigen Erfahrungen mit konventioneller Medizin eine neue Sichtweise entgegensetzte. Die Hashimoto-Thyreoditis, so machte er ihr klar, ist keineswegs eine lebensbedrohliche Erkrankung, die eine lebenslange Therapie erfordert – bei ihren täglichen 50 mg L-Thyroxin handelt es sich im Grunde um eine „Placebo-Dosis“, die sie weglassen könnte. „Ein kalter Knoten kann so bleiben, wie er ist.“ Und „einen Rezidiv-Tumor am Clivus gibt es nicht bei ihr“. Bei der angeblichen Krebsgeschwulst, so erklärte er Sandra aufgrund jahrzehntelanger radiologischer Praxis, handle es sich in Wahrheit um Bindegewebe, das ein OP-Loch füllt; in bildgebenden Verfahren stellte es sich als „Raumforderung“ dar, die Ärzte zwar korrekt von Hirngewebe unterschieden, es aber für Krebs hielten. „Diese Frau ist gesund!“, hielt unser Camparzt, mit Ausrufezeichen, in seinem Schlussbericht fest. Ein halbes Jahr später, Mitte Januar 2014, bestätigte uns Sandra per E-Mail: „Mir ging es im Camp und auch in den Wochen danach so gut wie lange nicht mehr. Allerdings habe ich eine Weile gebraucht, um das festzustellen. So hatte ich z. B. wochenlang keine Rückenschmerzen mehr. Anfangs habe ich das gar nicht so realisiert. Aber irgendwann merkte ich, dass etwas anders ist ... Auch mein gesamter Stoffwechsel ist aufgeblüht. Aus dem Camp konnte ich einige Ansätze und Gedanken in den Alltag aufnehmen.“ Ebenso profitierte Sandra nun von ihrer zweiten Campteilnahme: „Meine Verspannungen sind weg“, zog sie in einem Patienten-Fragebogen Bilanz, „ich bin fitter und agiler, ausgeglichener, mit mehr Lebensfreude, und traue mir mehr zu.“ Ins Auswege-Camp hatte sie einen Tinnitus mitgebracht – „meine Ohrgeräusche sind weg“. In ihrem Tagebuch lobt sie „sehr informative“ Gespräche mit dem Camparzt – „für die Erläuterung der medizinischen Zusammenhänge nimmt mein Hausarzt sich nie die Zeit“ -, „energetisch sehr intensive“ Behandlungen, das „wundervolle, sehr empfehlenswerte Erlebnis“ einer abendlichen Gruppenheilung. Der Camparzt fasst seine Eindrücke zusammen: „Die körperliche Verfassung basiert bei Sandra eindeutig auf dem seelischen Befinden, und das wird immer besser.“
Pamela* (49) Depression, Angstzustände, Sehstörungen, Migräne, Bluthochdruck, Arthrose Anhaltender Verlustschmerz führt Pamela nun schon zum vierten Mal in ein Auswege-Camp. Im Januar 2013 verstarb ihr Ehemann an einer unaufhaltsamen, zu fortschreitenden Lähmungen führenden Motoneuronenerkrankung; nachdem Pamela ihn hingebungsvoll gepflegt hatte, „sehe ich nun für mich keinen Ausweg mehr. Dieser riesengroße Schicksalsschlag hat mich völlig aus der Bahn geworfen, ein großer Teil von mir ist mit ihm gegangen.“ Nun „fehlt mir alles, mein ganzer Lebensinhalt. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie es ohne ihn weitergehen soll.“ Schon eine erste Campwoche Ende Juli 2013 in Rödinghausen hatte ihr gutgetan: „Ich grüble weniger, hier fühlte ich mich verhältnismäßig wohl.“ Nach der Abschlussveranstaltung verabschiedete sie sich von jedem einzelnen der vierzig Anwesenden mit einem Lächeln und einer herzlichen Umarmung. Einen Monat später, im Schwarzwald, erlebte das Campteam sie überwiegend als ebenso depressiv wie unkooperativ: Von ihren Gesprächs- und Behandlungsterminen abgesehen, hielt sie dort demonstrativ Abstand von der Campgemeinschaft und erklärte, niemand könne ihr helfen. Obwohl es ihr nach eigenen Angaben inzwischen sogar „eher noch schlechter geht“, hatte sie sich für das Schwarzenborn-Camp im November 2013 angemeldet: „Wenigstens finde ich hier Ablenkung“, meinte sie vorab, und diese Erwartung bestätigte sich erneut: Zwar „bleibt meine Trauer die gleiche – auch in diesem Camp habe ich sehr viel geweint, wenn ich alleine war“. Aber „mich in der Gesellschaft dieser lieben Menschen – Patienten und Heiler – aufzuhalten, ein Teil einer großen Familie zu sein, tat mir sehr gut.“ Unser Camparzt stellte bei ihr „auch diesmal ein besseres Wohlgefühl und längere Phasen von guter Laune“ fest, nach denen sie jedoch stets in ein depressives Loch zurückfiel.“ Seine Zuversicht, dass Pamela nach elf weiteren Heilsitzungen und Beratungsgesprächen „jetzt stabiler ist und bleibt“, erwies sich leider als verfrüht: „Bereits am ersten Tag zu Hause“, so schrieb sie uns eine Woche später, „war alles wieder beim alten, so als hätte die Campwoche gar nicht stattgefunden“. Immerhin hat sich Pamela nun bereits zu ihrem vierten Auswege-Camp angemeldet, was unser Camparzt vorausgesehen hatte: „Sie wird wiederkommen, weil sie alle Therapeuten als ihre neue Familie betrachtet.“ Zu Beginn ihres fünften Auswege-Camps befand sich Pamela in desolater Verfassung. Auf die Frage: „Wie geht es dir inzwischen?“ schossen ihr kurz nach ihrer Ankunft in Schwarzenborn prompt die Tränen in die Augen: „Es ist alles noch schlimmer geworden. So schlecht habe ich mich zu Beginn eines Camps noch nie gefühlt.“ Während der „ersten zwei bis drei Tage wäre ich am liebsten wieder nach Hause gefahren“, notierte sie in ihr Tagebuch. Was sie zum Bleiben veranlasste, sei „ein angenehmes Gefühl von Nicht-Einsamkeit“ und die „leichte Ablenkung“ gewesen, dank der „Menschen, die fast immer da waren, sobald ich mein Zimmer verließ“. In den darauffolgenden Tagen machte Pamela jedoch „hervorragende Fortschritte“, wie der Camparzt abschließend feststellte; „sie ist auf einem guten Weg“. Zwar konnte er bei ihrer körperlichen Verfassung „keine wesentliche Verbesserung“ feststellen, „alle Symptome sind weiterhin wechselnd dominant. Und ihre seelische Verfassung schwankt sehr stark um einen instabilen Mittelwert, den sie selbst nicht genau kennt.“ Immerhin könne „sie heiter und ganz gelöst sein, wenn sie abgelenkt ist. Sobald die alleine auf sich zurückgeworfen ist, verfällt sie wieder in eine selbstzerstörerische Opferrolle. Aus diesem Kreislauf kommt sie noch nicht heraus.“ In einer Psychotherapeutin aus unserem Team, die ebenso wie sie vor anderthalb Jahren einen über alles geliebten Ehemann verloren hatte und ihm ebenfalls anhaltend nachtrauerte, fand Pamela eine glaubhafte, verständnisvolle Schicksalsgefährtin. Mehr als je zuvor öffnete sie sich für Einschätzungen und Empfehlungen unserer Therapeuten, äußerte gelegentlich Dankbarkeit dafür; häufiger als je zuvor sahen wir sie lachen, mit anderen Campteilnehmern angeregt plaudern; erstmals äußerte sie, sie habe „keine Angst mehr vor der Heimkehr“; erstmals erklärte sie nachdrücklich: „Ich will nicht länger krank sein. Ich will gesund sein, ich will leben.“ Ihre persönliche Bilanz im Patienten-Fragebogen fällt jedoch alles andere als euphorisch aus: „Zeitweise konnte ich hier meine Sorgen minimal verdrängen“ – ein Spiegel der „sehr starken Gemütsschwankungen“, denen sie weiterhin ausgesetzt ist. Ein lästiges Symptom – „Punkte im Gesichtsfeld“ – habe sich „verschlimmert“, wie sie abschließend berichtete; sie seien „stärker, intensiver, unruhiger“ geworden. Auch ein starker Haarausfall sei gegen Ende des Camps vermehrt aufgetreten. Daran zu arbeiten, bieten die weiteren Auswege-Camps dieses Jahres reichlich Gelegenheit: Zu allen drei hat sich Pamela bereits angemeldet.
Helga* (52) chronische Schmerzen, Depression, Dauerschwindel, fehlender Mund-/Nasendruck Die frühberentete Kauffrau leidet seit Mitte der achtziger Jahre an chronischen Schmerzen am ganzen Körper und depressiven Verstimmungen. Um das Jahr 2000 setzte ein ständiger Schwindel ein, der sie beim Gehen erheblich beeinträchtigt. Seit einer chiropraktischen Behandlung 2005 belastet sie zudem, laut Bericht eines Göttinger Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen, eine „Bewegungsstörung von Zunge und perioraler Muskulatur (‚in der Nähe der Mundöffnung’), verbunden mit einem Gefühl atypischer Luftstromlenkung im Pharynx-(Rachen-)bereich“ - eine Missempfindung, die sie selbst als „fehlenden Mund- und Nasendruck“ kennzeichnet; Atmung und Kauvorgang seien dadurch gestört. Der Chirurg diagnostizierte eine „orofaziale Dyskinesie unklarer Genese“. Unter den erwachsenen Campteilnehmern machte kaum jemand deutlichere Fortschritte als Helga: Schmerzen, Dauerschwindel, depressive Episoden ließen bis Campende nach, zeitweilig schienen sie wie weggeblasen. Gegen ihre Missempfindungen im Mund- und Nasenbereich half eine neue Atemtechnik, die ihr der Camparzt vermittelte. Während der Heilwoche blühte sie auf, wirkte gelöst und voller Energie. „Mein Körpergefühl ist besser geworden, ich bin fröhlicher“, notierte sie abschließend. In ihrem Camptagebuch steht 21mal das Wort „Danke“. Einen Gruppentanz am Abschiedstag empfand sie als „Tanz in mein neues Leben“.
Auch in Helgas Fall sieht unser Camparzt psychische Faktoren hinter den manifesten Symptomen: „Sie war eine verunsicherte, frustrierte Frau, vermutlich mit Schwierigkeiten im Beruf und privat. Die verschiedenen Diagnosen waren gute Ausreden für ihre Welt-Enttäuschung, ihre Hilflosigkeit und wohl auch ihre Wut. Aufklärende Gespräche über den Sinn ihrer Diagnosen und deren Bearbeitungsmöglichkeiten scheinen ihr Denken sehr rasch verändert zu haben und zu neuer Zuversicht oder gar Lebensfreude zu führen.“ (Foto re.: Helga während eines “Morgenkreises”.)
Ulla* (57) Borreliose, chronische Schmerzen, Bewegungseinschränkungen Seit einem Zeckenbiss im Oktober 2012 leidet die Apothekerin an Borreliose, mit Befall durch antibiotika-resistentente Ehrlichia- und Klebsiella-Bakterien. Starke Gelenkschmerzen quälen sie, besonders in der linken Schulter; zeitweilig ist sie, nach eigenen Angaben, „bewegungsunfähig“. Medikamente, Homöopathie, Akupunktur, Physio- und Photonentherapie blieben „ohne Erfolg“, Analgetika dämpfen ihre Schmerzen kaum. Bewegungsunfähig, schmerzgeplagt? Niemand tanzte beim Abschlussfest des Schwarzenborner Camps ausgelassener als Ulla. „Meine Bewegungen laufen mit wesentlich weniger Blockaden ab“, zog sie Bilanz; sie fühle sich „deutlich“ weniger eingeschränkt. „Die Schmerzen sind erheblich reduziert“, nach einzelnen Heilsitzungen waren sie sogar vollständig verschwunden. Noch eindrucksvoller besserte sich ihr Allgemeinbefinden: „Allgemein zufrieden“ sei sie nun, wie sie bei Campende in ihren Patienten-Fragebogen notierte; „ich nehme meine Situation an und erkenne die Möglichkeiten, die sich mir bieten“. Welche „Situation“ meint sie? Einen Großteil ihres Lebens musste sie ohne Hilfe zurechtzukommen, Aufgaben gänzlich aus eigener Kraft meistern: ihre Tochter alleine erziehen, ihre Apotheke alleine aufbauen – und Schultern, auf denen derart viel Verantwortung lastet, können auf Dauer durchaus schmerzen; wer immer alles alleine tragen will, dessen Nacken kann chronisch weh tun. Diese Zusammenhänge zu erkennen und sich von Selbstüberforderung innerlich zu befreien, tat ihr sichtlich gut. Am Ende erlebte eine Heilerin, die sich um sie während des Camps besonders intensiv kümmerte, Ulla als „total dankbar und begeistert, sie blühte förmlich auf. Irgendwann sagte sie zu mir: ‚Diese Woche wird mein Leben verändern, ich werde alles umkrempeln.’“ (Foto re.: mit ihrem Ehemann während einer Gesprächsrunde.)
Martina* (57) Panikstörung mit Depression, Struma, Herzklappeninsuffizienz, Myome, ständige Erschöpfung und Müdigkeit, Schleimbeutelentzündung im Bein Seit Mitte der siebziger Jahre ist die Hausfrau manisch-depressiv, mit wochenweisen Phasenwechseln. Den „Boden“ dafür, so befand ein Psychiater im Jahr 2002, bilde eine „posttraumatische Belastung“ - teils durch eine 23jährige Ehe mit einem Alkoholiker, teils durch ein fatales Elternhaus: „Meine Eltern waren alkoholabhängig und vernachlässigten uns Kinder total. Den ganzen Tag waren sie bei der Arbeit, danach gingen sie gleich in die Kneipe, ohne nach Hause zu kommen. Erst nachts gegen drei oder vier Uhr kamen sie heim, total betrunken“, stritten dann, schlugen auf die Kinder ein, ließen sie ihre Kotze aufwischen; gelegentlich brachten sie Saufkumpane mit, die unter ihrem hämischen Gelächter die Kinder verprügeln durften. Für geraume Zeit war kein Schulbesuch möglich. Mehrere Familienangehörige begingen Selbstmord. In ihrer Pubertät verfolgten Martina Poltergeistphänomene: Türen und Kästen gingen von alleine auf und zu, immer wieder war ein unheimliches Kratzen zu vernehmen. - Vor zehn Jahren kam eine Panikstörung hinzu, auch „episodisch paroxysmale Angst“ genannt. Gekennzeichnet ist sie durch wiederkehrende, völlig unvorhersehbare Panik¬attacken, die von „massiven körperlichen Symptomen“ (Martina) begleitet werden: plötzlich auftretendes Herzklopfen, Brustschmerz, Erstickungsgefühle, Schwindel und Entfremdungsgefühle (Depersonalisation oder Derealisation). Diese körperlichen Symptome führen häufig noch zu einer deutlichen Verstärkung der Angst. Viele Betroffene leiden sekundär auch unter der Angst vor Kontrollverlust, befürchten zu sterben oder “wahnsinnig” zu werden. Ende 2013 begab sich Martina für sieben Wochen in eine psychiatrische Klinik, wo versucht worden sei, sie „mit Medikamenten einzustellen; das hat leider nicht geklappt“. Ebenso unergiebig blieb Anfang 2014 ein 16tägiger Aufenthalt in einer weiteren Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, wegen einer „schweren Depression mit neun Kilo Gewichtsverlust, Übelkeit, Erbrechen und starken Angstanfällen.“ Die Panikattacken „äußerten sich bei mir damals mitten in der Nacht im Schlaf in wiederholten massiven Schweißausbrüchen, von den Füßen nach oben; dabei musste ich mich oft übergeben, gleichzeitig kam es unten raus. Ich hatte Todesangst, Herzrasen, Depersonalisation, Atemstörungen, lag wie gelähmt im Bett und dachte, ich müsse sterben.“ Sie habe „sämtliche Medikamente genommen, ohne Erfolg“, schreibt Martina. Inzwischen schluckt sie keinerlei Psychopharmaka mehr, nur noch Johanniskraut. Ihre Schilddrüse ist vergrößert („Struma“, Kropf), wie schon 1972 diagnostiziert wurde. Um 2005 wurden dort tastbare „heiße Knoten“ festgestellt, die vermehrt Schilddrüsenhormon bilden, sowie „kalte Knoten“, in denen nahezu kein Schilddrüsenhormon produziert wird. Als Hauptsymptom nennt Martina „Frieren“. 2008 wurde eine leichte Aortenklappeninsuffizienz (AI, Grad I) erkannt: Die Aortenklappe, die zwischen der linken Herzkammer und der Hauptschlagader (Aorta) sitzt, schließt die Aortenklappe nicht mehr richtig; dadurch fließt Blut gegen die eigentliche Strömungsrichtung wieder in die linke Herzkammer zurück. Darauf führt Martina ihre ständige „Müdigkeit und Erschöpfung“ zurück – üblicherweise treten diese Symptome aber erst bei ausgeprägteren AI-Formen auf. Seit drei Jahren besteht eine Schleimbeutelentzündung (Bursitis) im rechten Oberschenkel. (Schleimbeutel sind Gewebekissen, die zwischen Strukturen im Körper liegen, welche sich gegeneinander bewegen. Sie ermöglichen ein reibungsarmes Gleiten. Schleimbeutel finden sich unter anderem an den Stellen, bei denen Sehnen über Knochenvorsprünge ziehen. Wenn sie stark belastet werden oder ein Druck einwirkt, können sie sich entzünden; dadurch kann es zu Beschwerden wie Schmerzen, Verdickungen und Bewegungseinschränkungen kommen.) Eine Stoßwellentherapie und Schmerzmittel (Ibuflam 600 mg) halfen nur bedingt. In der Gebärmutter haben sich zwei große Myome von 8 und 6 cm Durchmesser gebildet – festgestellt bereits Mitte der neunziger Jahre -, gutartige Geschwulste, die Blutungsstörungen und Schmerzen verursachen können. Während des „Auswege“-Camps erlebte Martina zwar vorübergehend eine „deutliche Besserung“, mit „zeitweisen Glücksgefühlen und kurzen Energieschüben“, wie sie abschließend in einem Fragebogen notierte – vor allem dank einer Psychotherapeutin, von der sie sich so gut verstanden fühlte, dass sie ihr auf mehreren Bewertungsskalen durchweg Bestnoten gab. Und immerhin ließen die Schmerzen im rechten Oberschenkel „deutlich“ nach; bezüglich ihrer Aortenklappeninsuffizienz und des Strumas konnte der Camparzt sie beruhigen: beides wirke sich nicht klinisch aus und könne symptomlos bleiben; ihre zwei Myome, so riet ihr der Arzt, könne sie „aushungern“, indem sie drei Monate lang kein tierisches Eiweiß zu sich nimmt. Am Ende überwogen bei Martina aber „Zweifel, ob das für mich das Richtige war. Mein Allgemeinbefinden hat sich zunehmend verschlechtert; immer stärker stellten sich Schlaflosigkeit, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Schweißausbrüche, Erschöpfung und Müdigkeit ein.“ Der Psychotherapeutin kam es so vor, als sei im Auswege-Camp „die Büchse der Pandora“ geöffnet worden: Multiple Traumata unfassbaren Ausmaßes, die Martina jahrzehntelang zu verdrängen versuchte, brachen auf, und es hätte eher sechzig bis sechshundert als bloß sechs Behandlungstage erfordert, um Martina für ein neues Leben einigermaßen frei zu machen. Bei derart schweren Psychosen stößt jede Kurzzeittherapie an Grenzen, weshalb wir Martina, wie allen übrigen Campteilnehmern, eine Weiterbetreuung nahe ihres Wohnorts anboten. Doch sie zögerte: „Ich muss das alles erst mal wirken lassen, kann mich jetzt nicht entscheiden. Durch meinen aktuellen schlechten Zustand bin ich verunsichert.“
Eleonore* (64) Hepatitis, Morbus Ledderhose, Depression Um 2007 wurde bei der früheren Psychotherapeutin – sie praktizierte 30 Jahre lang - eine Autoimmunhepatitis (AIH) festgestellt: eine seltene Autoimmunerkrankung der Leber, bei der das eigene Immunsystem Leberzellen angreift, wodurch es zu einer Leberentzündung (Hepatitis) kommt. Typische Symptome sind Müdigkeit, Übelkeit, Appetitverlust, Fieber, Gelenkschmerzen, in Eleonores Fall zudem eine ausgeprägte Alkoholallergie. Vielerlei Medikamente, eine Entgiftungskur und Naturheilmittel besserten zwar die Leberwerte, „die Antikörper sind aber unverändert“. 2010 trat bei ihr ein Morbus Ledderhose auf (so benannt nach dem deutschen Chirurgen Georg Ledderhose). An der Innenseite der Füße bzw. in der Fußsohle entstehen dabei gutartige Knoten, die anfangs meist schmerzfrei oder nur leicht schmerzhaft sind; sie wachsen jedoch und können dann zum Teil erhebliche Beschwerden beim Gehen verursachen. OP und Bestrahlung hinterließen bei Eleonore Narbengewebe, auf dem zu laufen Beschwerden verursacht. Seit ihrer „frühen Kindheit“ belastet die Patientin eine „depressive Grundstörung“, mit „Traurigkeit, negativem Denken, Schweregefühl“. In Behandlung begab sie sich deswegen nur einmal, vor über 20 Jahren; in rund 200 psychoanalytischen Sitzungen habe sie damals eine „in früher Kindheit erfahrene Mangel- und Konfliktsituation erkennen, bearbeiten und teilweise lösen“ – offenbar aber unzulänglich. Bei Campbeginn wirkte Eleonore chronisch unzufrieden, unter andauernder innerer Anspannung; sie schlief schlecht, morgens wachte sie mit Kopfschmerzen auf. Drei bis vier Sitzungen pro Tag bei unterschiedlichen Therapeuten waren ihr zuwenig, sie drängte auf mehr, statt die erlebten Behandlungen in sich wirken zu lassen. In Ruhephasen langweilte sie sich: „Auf meinem Zimmer halte ich es nicht aus, ich muss ständig unterwegs sein“, äußerte sie gegenüber einer Heilerin. „Ihre körperlichen Beschwerden“, so befand der Camparzt, „können sich schwerlich bessern, solange sie die Ursachen außen sucht. Erst wenn sie bereit ist, bei sich anzufangen, kann sie gesund werden. Sie ist so sehr ‚im Kopf’, dass ihre Seele nicht durchdringen kann. Noch nicht.“ Was steckte dahinter? Mehrere „Auswege“-Therapeuten identifizierten als Eleonores „Hauptthema“ einen Mangel an Selbstakzeptanz und Selbstliebe; „sie lehnt sich ab“, äußerte eine Therapeutin, „und trägt als Grundgefühl einen starken Groll in sich“, der sich während einer Sitzung in einem Weinkrampf entlud, unmittelbar gefolgt von einem heftigen Wutausbruch. Während einer WasserShiatsu-Behandlung im Hallenbad, bei der Eleonore eine halbe Stunde lang in den Armen einer Therapeutin lag und sanft durchs Wasser bewegt wurde, spürte sie ohnmächtige Wut in sich hochsteigen: „Nie in meinem Leben bin ich getragen worden.“ Was steckt dahinter? Von frühester Kindheit an hatte sie sich ungeliebt gefühlt. Die Mutter hatte sie abtreiben wollen; kurz nach einem Streit verstarb die Mutter, ohne dass es je zu einer Entschuldigung und Aussöhnung kam; zudem scheint Eleonore vom eigenen Vater sexuell missbraucht worden zu sein. Kaum hatte das „Auswege“-Team daran zu arbeiten begonnen, machte Eleonore „ganz große, hervorragende Fortschritte“, wie eine Heilpraktikerin während einer Teamsitzung feststellte. Am vorletzten Camptag erlebte sie „eine Befreiung von alten Schmerzen, Emotionen und Blockaden“, wie sie in ihrem Tagebuch festhielt. Einer Therapeutin gegenüber äußerte sie, sie sei endlich „glücklich – hier ist so viel passiert, es hat mir so gut gefallen“. Ihre Symptome, so gab sie abschließend in einem Patienten-Fragebogen an, hätten „deutlich nachgelassen“; nun sei sie „weniger traurig“, fühle sich „leichter, gestärkt, aufgerichtet“ und „auf den inneren Weg gebracht“.
Hildegard* (66) Brustkrebs mit Metastasen, Rückenbeschwerden (LWS, HWS), Migräne, chronische Schmerzen nach misslungener Arm-OP, Tinnitus Schmerzen begleiten die Rentnerin schon über ein halbes Jahrhundert lang. Seit ihrer Jugend leidet sie an Migräne. Ein Hals- und Lendenwirbelsyndrom (HWS, LWS) verursacht seit 1997 Rückenbeschwerden. Nach einer missglückten OP am rechten Arm, auf den sie im Sommer 2012 gestürzt war, hat sie auch dort ständig Schmerzen. 1991 bildete sich in ihrer rechten Brust ein Karzinom; darauf folgten OP und Bestrahlung. Bis Januar 2013 schien der Krebs besiegt – doch dann wurden Metastasen in Knochen, Lunge und Haut festgestellt. Bisher lehnt sie Chemo- und Strahlentherapie ab. Seit 25 Jahren plagt sie ein Tinnitus, bei dem es „keine Aussicht auf Besserung oder gar Heilung gibt“, wie sie von Ärzten hörte. Die Ohrgeräusche beschreibt sie als „in der Regel gleichbleibend“, in Ruhephasen nimmt sie sie stärker wahr. Nach zehn Therapiesitzungen während des Camps, die tägliche Akupunktur von jeweils einer Stunde und wiederholte Lichttherapie mittels einer Spezialbrille einschlossen, sind Hildegards Ohrgeräusche nach eigenen Angaben „deutlich“ leiser geworden. Ihre andauernden Rücken- und Armschmerzen sowie ihre Migräne ließen derart nach, dass sie Medikamente niedriger dosieren konnte. Schon nach der allerersten Therapiesitzung konnte sie mittags eine Stunde lang tief schlafen, zum ersten Mal „seit Jahren“. Eingehende Gespräche „haben mir die Augen geöffnet: Meine Krankheit ist ein Zeichen – es macht mich darauf aufmerksam, dass ich meiner Seele zuviel zumute. Ich muss mehr auf mein ‚Inneres’ hören und viel mehr für mich da sein statt nur für Andere. Mir wurden Wege gezeigt, mit meinen ‚Altlasten’ fertig zu werden und diese über Bord zu werfen. Gefahr erkannt – Gefahr gebannt.“ Ob sich ihre innere Befreiung auf ihre Metastasen auswirkt, werden demnächst Kontrolluntersuchungen zeigen.
Kriemhild* (74) Arthrose, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Schwindel Die Pfarrerin im Ruhestand leidet seit 1997 an Arthrose, die von Heilpraktikern „erfolglos“ behandelt wurde. (Ärzten vertraute sich Kriemhild nicht an, weshalb die Diagnose auf ihren eigenen Vermutungen beruht.) Ihre Gelenke schmerzen und versteifen zunehmend. Ende 2012 setzten Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen ein („mindestens jeder vierte Herzschlag ist ein Doppelschlag“, sagt sie); beide Leiden bestehen trotz medikamentöser Therapie fort. Bereits seit Ende der neunziger Jahre machen der Patientin Gleichgewichtsstörungen unklarer Ursache zu schaffen; ihr wird schwindlig, wenn sie z.B. auf Hocker oder Leitern steigt. Nach Kriemhilds eigener Einschätzung könnten sie von „Problemen an der Halswirbelsäule“ herrühren – oder auch von eingenommenen Beta-Blockern, die sich negativ auf ihre Leberwerte auswirken und womöglich einen sogenannten ‚Leberschwindel’ verursachen. Wie mehrere andere erwachsene Campteilnehmer, so war auch Kriemhild ein ungeliebtes Kind, mit entsprechend schmerzhaften Erfahrungen, die sie ihr ganzes weiteres Leben lang prägten; von der eigenen Mutter fühlte sie sich abgelehnt, sie wurde verprügelt, ihr wurden Haare ausgerissen und Zähne ausgeschlagen. Diese inneren Verletzungen standen im Vordergrund unserer therapeutischen Bemühungen – mit verblüffend rascher Auswirkung: „Deutlich“ gesunken, so erklärte Kriemhild abschließend in einem Patienten-Fragebogen, sei ihr Bluthochdruck, „deutlich“ nachgelassen hätten ihre Herzrhythmusstörungen. Darüber hinaus hätten sich ihr Allgemeinbefinden und ihre seelische Verfassung erheblich gebessert: „Ich bin friedvoller geworden.“ Aus dem Camp nehme sie „Erkenntnisse“ mit, „die gravierende Fragen zu meinem Selbstverständnis beantwortet haben.“ Hier habe sie „einen ganz entscheidenden Impuls“ erhalten – danach sei “der Weg für mich frei geworden: Ich werde noch mal eine Ausbildung beginnen.“
(HW)

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